Bürgerspital in Würzburg

Ruth Ebensfeld

Erstellt | Geändert

Bürgerspital

Das Bürgerspital zum Hl. Geist in Würzburg, geht auf Johann von Steren (etwa 1270–1329)  und seine Gattin Mergardis zurück. Steren, ein Würzburger Patrizier ministerialischer Herkunft,  überließ im Jahre 1316 sein Anwesen in der Semmelstraße 2 als Stiftung der Stadt Würzburg zur Aufnahme pflegebedürftiger Menschen und gründete dadurch das "Neue Spital" .

In einer Urkunde vom 23.Juni 1319, durch den Fürstbischof Gottfried von Hohenlohe bestätigt, verfügte dieser die Verwaltung des "Neuen Spitals" durch drei bürgerliche Pfleger. 

Papst Johannes XXII bestätigte diese Gründung am 1.Oktober 1320 in Avignon. Nach dem Eintreffen der päpstlichen Bulle am 2. Januar 1321 in Würzburg erfolgte die wirtschaftliche Ausstattung des Spitals durch die Stifterfamilie sowie die Pfandverschreibung von 13 Morgen Weinberge. Gleichzeitig wurden dem Spitalbetrieb jährliche Zinseinnahmen in Höhe von 3 Pfund Würzburger Pfennigen überschrieben.

Zusätzlich überließen Johannes von Steren und seine Ehefrau Mergardis drei weitere Häuser, von denen eines als Hospiz zur Aufnahme neu ankommender bedürftiger, jedoch gesunder Menschen, einbezogen wurde. Drei Gartengrundstücke sowie ein weiterer Hof, "Zu den Rosen" genannt, rundeten eine Nachdotation ab. Die Stifterfamilie hatte jedoch nicht die finanziellen Mittel, den Betrieb des Spitals alleine zu bewältigen. Mit dem  Gründungsakt war also die gebäudetechnische Möglichkeit eines Spitals geschaffen, die Unterhaltung oblag jedoch einer von der Bürgerschaft getragenen Sozialstiftung, wie 1340 urkundlich dokumentiert.

Weitere Stiftungen von Würzburger Bürgern, die größte durch die Gebrüder Teufel im Jahr 1340, brachten größeren Besitzstand auch außerhalb Würzburgs mit sich. Um 1583 verfügte die mittlerweile "Bürgerspital"  benannte Einrichtung über umfangreichen Grundbesitz. 58 ha Ackerland und 10 ha Weinbergsbesitz trugen zur Versorgung der Pfründner bei.

Der Karreebau besteht aus Wirtschaftshof, gotischer Kapelle (hier befindet sich die Grabplatte des Stifters von Steren) sowie dem Spitalbau, der einen  barocken Innenhof umschließt. Der schlichte Westbau der Anlage trägt das Zeichen des Stadtsteinmetzen Wolf Beringer und die Jahreszahl 1582.

Durch Zukauf von Schlüpferleinsmühle 1836 mit 100 ha, des Rothhofes 1894 mit 60 ha und des Straußhofes 1898 mit 48 ha wurde der Besitz der Liegenschaft in der Stadt auf über 316 ha vergrößert, auch das Weingut wurde von 12 ha auf 35 ha ausgebaut.

1933 umfasste der Grundbesitz das Anstaltsgebäude mit Hausbesitz in einer Größe von ca. 1,6 ha, das Weingut mit 75 ha, die weiteren Gutshöfe mit 165,7 ha und Einzelgrundstücke mit 8,3 ha. Das Weingut erntete 1.316 hl (1934: 2.145 hl), hatte einen Lagerbestand von 1.797 hl und verkaufte 1.573 hl.

Die Kriegswirren setzten auch diesem Gebäudekomplex stark zu, weshalb bei den Wiederaufbaumaßnahmen 1954 am Gebäude des alten Spitalgebäudes die Gebäudeflucht an der Ecke der Straße zurückgenommen werden musste. Ein Verbindungsanbau wurde zwischen Spitalbau und -kirche errichtet. Am Giebel dieses Verbindungsbaues wurde eine Uhr und 13 Glocken sowie die von Ludwig Martin gemalten Frankenapostel, dargestellt hier der Missionsbischof St. Kilian mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan, die um 689 in Würzburg für ihren Glauben den Tod fanden, angebracht.

Gespielt wird das sog. "Kilianslied", während Wallfahrer an den Heiligen vorbeiziehen. Im Anschluss daran ertönt die Weise "Die Würzburger Glöckli". Hier drehen sich Figuren eines Winzerzuges gleichfalls um die Frankenapostel. Zu guter Letzt prostet ein Kellermeister aus einem kleinen Fensterchen den Passanten zu. Diese Figuren können täglich um 11.00 / 13.00 / 15.00  und 17.00 Uhr beim Glockenspiel an der Ecke Theaterstraße/Semmelstraße bestaunt werden.

Heute befindet sich im Obergeschoss eine REHA-Klinik, während sich im Erdgeschoss mit den Bürgerspital Weinstuben eine der traditionsreichsten Gastronomiebetriebe der Stadt befindet und in der Vinothek die edlen Weine des Bürgerspitals angeboten werden.

Die Stiftung finanziert sich nach wie vor über den Betrieb der Liegenschaftsverwaltung selbst und unterstützt damit die Einrichtungen des Bürgerspitals. Die Anlieferung und Verarbeitung der Trauben erfolgt direkt im Gebäudekomplex. Das Bürgerspital, auch heute eines der größten Weingüter Deutschlands, hat den größten Holzfasskeller in Deutschland und ist auch vereidigter Messweinlieferant  für seine in Eichenfässern gelagerten Weine, untergebracht in einem im 19. Jahrhundert erbauten Weinkeller, der für angemeldete Besichtigungen gerne zur Verfügung steht. Zu bestaunen sind u. a. ein Steinwein aus dem Jahr 1540 und historische Bocksbeutelflaschen.
1862 wird durch Meister Johann Baptist Sartorius erklärt, was ein Bocksbeutel ist, nämlich "eine gedrückte, runde, nach Art des Beutels oder Hodensacks der Böcke geformte Flasche zum Einfüllen und Versenden des Steinweins."
Durch den "hochwohllöblichen Rat der Stadt Würzburg" bestimmt, dient der Bocksbeutel  seit 1726 zum Gütezeichen im Kampf gegen die weit verbreitete Weinpanscherei. Das Bürgerspital ist  bis heute dem Qualitätsanspruch des Bocksbeutels tief verbunden.

Sehenswert ist auch die im Inneren der Hauskapelle erhalten gebliebene Silberarbeit des Münchners Franz Kessler "Madonna im Strahlenkranz" von 1730.



Ruth Ebensfeld

Erstellt | Geändert